Whatever happened to Berta

Dieser Text könnte lang werden, wenn ich alles aufschreiben würde, was seit dem letzten Post passiert ist – und das nur an der Autofront. Es hat sich eingebürgert, dass ich sie Berta nenne – ich finde es passt, der Name nimmt Bezug auf die frühe Mercedes-Geschichte, und er passt zum Charakter des Wagens: ein wenig elegant, aber vor allem auch gemütlich. Sportwagen ist anders.

  • Zurück zu den letzten Monaten. Damit das hier nicht ausufert, halte ich im Text nur die wichtigsten Wegpunkte fest. Wer mehr Eindrücke möchte, für den sind die letzten zwölf Monate im Anschluss in Bildern chronologisch festgehalten.
    nach diversen Dates mit dem Mechaniker wagte Berta im Juni 2015 den Sprung auf die TÜV-Bühne – und bestand mit wehenden Fahnen. Ok, nicht mit wehenden Fahnen, aber relativ unaufgeregt. Das Wichtigste: Das H-Kennzeichen gab es noch oben drauf. Was laut meines zur dramatischen Darstellung neigenden Berufsschraubers vor allem auf die Unmengen Rostumwandler zurückzuführen war, die er im Motorraum verteilt hatte. Und – natürlich – seinem guten Verhältnis zum Prüfer. Wie auch immer: die Prüfung war geschafft und für die nächsten zwei Jahre sollte jetzt erstmal Ruhe im Karton sein. Zumindest an dieser Front.
  • Im Sommer stand dann erstmal das Genießen auf dem Programm, auf diversen Ausflügen an die Brandenburger Seen wurde die nicht funktionierende Klimaanlage nicht immer vermisst – sind alle vier Fenster unten, ist es angenehm luftig. Nur das Schiebedach ließ sich partout nicht zur Mitarbeit bewegen. Wahrscheinlich nur zu lösen, wenn der Dachhimmel abgenommen wird.
  • Davon abgesehen lernten Berta und ich uns jetzt erst richtig kennen. Einige Details wurden geändert, das nicht-originale Sportlenkrad musste natürlich weg, und ich nahm die Elektronik mal etwas unter die Lupe. Es folgte die erweiterte Grundreinigung, um dem Rost nicht allzu viele Angriffspunkte zu geben.
  • Da die Reifen definitiv runter mussten, ich aber kein allzu großer Fan der 14-Zoll Barockfelgen mit den 85er Gummis bin (sieht aus wie Ballonreifen) erstand ich nach einiger Suche ein paar Melber-Felgen im Kreuzspeichen-Design, glänzend poliert auf schwarzem Grund – heiß! Die mussten jetzt nur noch auf neue Gummis warten – es sollte noch bis ins neue Jahr dauern
  • Während ich nachzog und ebenfalls dreißig wurde, ging es für Berta in die Winterpause, mollig warm in der Tiefgarage eines Kollegen. Alle paar Wochenenden schaute ich mit Werkzeugkoffer vorbei und widmete mich kleineren Problemchen – der Luftfilterkasten musste weg, ein besser erhaltenes Exemplar wurde besorgt und komplett aufgearbeitet. Zündkerzen ausgetauscht usw. – ich konnte zwar keines der größeren Probleme anpacken, aber immerhin stellte sich so langsam eine Liste zusammen, die man theoretisch bequem von oben nach unten abarbeiten könnte. Irgendwann mal.
  • Im März ging es dann wieder nach draußen, und als erstes mussten die ollen Sommerreifen durch neue ersetzt werden. Damit kamen nun endlich die neuen Felgen zum Zug. Seitdem stelle ich meine ToDo-Liste zusammen und hoffe, dass mich neue Mängel nicht überholen, während ich an alten arbeite. Eine erste Niederlage gab es nämlich schon: Die Holzierleisten im Innenraum ließen sich auch mit Zwei-Komponentenkleber nicht bändigen, da muss ich nochmal ran.

 

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It’s alive: The Race of Gentlemen

Jetzt stelle ich fest, ich muss doch unbedingt mal an die Ostküste der Staaten. Einmal die Sonne im Nacken, die Nase in der frischen Seeluft, die Füße im Sand, und vor den Augen wild über Strand jagende Rostlauben. What? Race of Gentlemen, baby.

In vollkommener Ernsthaftigkeit ist dieser Event nun auf meiner Bucketlist, also der Dinge, die ich unbedingt irgendwann einmal tun möchte. Neben der Tour über die Col de Turini, einer Fahrt in einem E28 M5 steht und vielen anderen Dingen steht nun auch: Einmal bei der Race of Gentlemen dabei sein.

Seit vier Jahren versammeln sich Enthusiasten früher Automobilkultur an einem Strand in New Jersey, um für ein Wochenende ihre Bärte in den Fahrtwind zu halten und sich ölige Hände zu holen. Denn zugelassen sind hier nur Modelle vor 1937 (Motorräder: 1947). Und das Ganze am Strand in New Jersey, nahe eines alter Freizeitparks. Diesem Setting kann weder der Autofan, noch der Fotograf in mir widerstehen. Man betrachte nur einmal die Fotografien der unten verlinkten Beiträge. Alle übrigens auf Seiten, die der geneigte Autofan generell im Blick behalten sollte.

Irgendwann muss ich da hin. Was kostet eigentlich so ein DKW von ’39? Ich bin mal auf Autoscout…

Please enjoy the following photography. The 2015 Race of Gentleman / Wildwood on…

Petrolicious

Gearpatrol

SelvedgeYard

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Neues Altes (II)

Der letzte Beitrag endete damit, dass ich mit mehr oder weniger gesundem Halbwissen ein viel zu altes Auto gekauft hatte, mit zwei Monaten Rest-TÜV und viel gutem Glauben.
Das war mir erst einmal alles egal. Ich besaß jetzt fast fünf Meter feinstes Benz-Schiff, mit dem ich über die Stadtautobahn nach Hause schaukelte. Geil.
Die Entscheidung für das Coupe war bewusst gefallen. Der W123 gilt zwar inzwischen durchweg als erhaltenswerter Oldtimer, aber die Limousine ist (mir) etwas langweilig. Das Coupe dagegen, mit deutlich flacherer Frontscheibe, versenkbarer B-Säule und deutlich fließenderem Heck bewegt sich genauso so weit von der Limousine weg, um sehr viel aufregender auszusehen, ohne die Verwandtschaft zu verleugnen.
Nicht unwesentlich kam dazu, dass W123 trotz Klassikerstatus noch teilweise günstig zu haben sind. Dafür gibt es einfach noch zu viele, allein in meinem Viertel stehen drei andere mir bekannte Coupes. Kommen dann noch, wie bei meinem Modell, eine nur mittelmäßig schmeichelhafte Historie (4 Vorbesitzer, 280tkm), einige weniger offensichtliche Schönheitsfehler (die mir nun nach und nach auffielen) und sehr offensichtliche Baustellen (Auspuff komplett durch, Reifen komplett runter), und das nicht vorhandene H-Kennzeichen dazu (was wird der Prüfer wohl zu den diversen Roststellen sagen?), kann man durchaus einen Schnapp machen.
Oder richtig ins Klo greifen. Bei den ersten Ausfahrten sammelten sich nun die Baustellen auf der imaginären ToDo-Liste an. Bekannt war das leichte Kleckern des Motors, die nicht funktionierende Klima und das fest steckende Schiebeach. Dazu kamen nun langsam weitere Punkte. Vor allem fiel mir auf, dass der Kilometerzähler nur bedingt mit läuft. Man könnte auch sagen: Eigentlich gar nicht. Die 280 angezeigten konnten also gut und gerne auch deutlich mehr sein, wer weiß.
Für die Bestandsaufnahme, auch hinsichtlich des baldigen TÜV-Termins, konsultierte ich einen über mehrere Ecken bekannten KFZ-Mann, der sich auf alte Mercedes spezialisiert hatte. Eine halbe Stunde lang öffnete ich sämtliche Öffnungen des Automobils für den kritischen, Taschenlampen-unterstützten Blick des Kollegen, immer wieder nervös die Mundwinkel des Fachmanns beobachtend. Wie im Film: 20 Minuten nur gucken, dann Fazit. Dieses fiel dann nicht nur erleichternd gut, sondern vor allem meinem eigenen Eindruck überraschend ähnlich aus: „Motor klingt scheiße, aber Substanz ist in Ordnung“.
Ich hatte mich natürlich auf das katastrophale Rostloch eingestellt, das ich übersehen hatte oder andere vollkommen zerstörte Teile. So gesehen ein durchaus positives Resultat. Nicht zuletzt stand immer noch das Lenkspiel im Raum als monetäres Risiko. Aber das schien sich im Rahmen zu bewegen, bildlich gesprochen. Auch wenn nicht alles rosig war, mit dem vorhandenen schien man arbeiten zu können. Wir machten einen ersten Werkstatttermin aus, neben den offensichtlichen Problemchen würde die Hebebühne wahrscheinlich einige weitere Baustellen zutage fördern.
Ich war aber erstmal schwersten beruhigt. Offensichtlich kein kompletter Klogriff, und dazu gab es noch väterlicher Rat zu allen möglichen Stellen, die peinlichst sauber zu halten sind, damit sich keine Pfützen bilden, von denen ich die Hälfte natürlich sofort wieder vergaß und Nachlesen musste. Denen konnte ich mich nun erstmal in aller Ruhe widmen, nebst kompletter Innenraumreinigung: Oberflächen ich, Sitze und Polster die Herren von CleanCar mit Ihrem Dampfdruckreiniger. Und dann ging es zur ersten Ausfahrt – ins Einkaufszentrum. Aber immerhin!

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Neues Altes

Ohne große Umschweife zum Thema. Ja, es wurde lang nichts geschrieben, aber es gibt viel zu erzählen. Denn: Ich bin nicht mehr Single. Und das schon seit einer ganzen Weile, was mich vor die Frage stellt, wo ich bei der Erzählung anfangen sollte.

Vielleicht mit folgendem Satz:

If you don’t look back after parking, you bought the wrong car.

Es sollte aus den bisherigen Beiträgen auf dieser Seite ersichtlich sein, dass ich das Thema Automobil nicht ganz nüchtern betrachte. Da kommt man nicht lange ohne eigene vier Räder aus. Auch wenn man wirklich keine braucht. In einer Großstadt ist das eigene Auto in den seltensten Fällen der praktikabelste Weg, von A nach B zu kommen. Schon wenn es bei B keine Parkplätze gibt (was oft der Fall ist), oder wenn in B einige alkoholische Getränke zur Verfügung stehen (was ebenfalls oft der Fall ist). Es gibt die Öffentlichen, das Fahrrad, und ein sehr gut ausgebautes Carsharing.

Wer braucht da ein eigenes Auto? Niemand. Und das ist toll, denn wenn man einen Gegenstand für etwas braucht, muss er gewisse Anforderungen erfüllen (groß/klein, sparsam/günstig). So aber war klar, dass es etwas Besonderes werden musste – und das heißt, es durfte gern etwas älter sein.

Nun saß ich also bereits seit dem Jahreswechsel regelmäßig vor den bekannten Online-Plattformen für den Fahrzeugkauf. Der eine oder andere Händler wurde besucht, und meist enttäuscht wieder verlassen: Ab einem bestimmten Alter ist einfach der Anteil von Rostlauben sehr hoch. Was natürlich niemanden davon abhält, auch für diese Rostlauben zunächst einmal einen ordentlich Klassikerpreis anzusetzen. Bis mal wieder eine vielversprechende Anzeige auftauchte: Mercedes W123 230CE, Baujahr 84, 280 tkm, von privat, und auch noch in der Nähe.

Der erste Eindruck und die Probefahrt waren sehr positiv, es sah nach einer guten Chance aus. Der Motor nagelte etwas, die Grundsubstanz sah aber gut aus und der größte Unterschied zu den bisher gesehen Rüben: Das Coupé fuhr sich tatsächlich wie ein richtiges Auto. Mein Problem: Gesundes Halbwissen ersetzt keinen Expertenblick, leider war keiner der bekannten Experten so spontan verfügbar. Da eine Entscheidung an diesem Abend aber gefällt werden musste, trug mich mein gesundes Halbwissen zum Geldautomaten für die erste Anzahlung, fünf Minuten später war der Vertrag unterschrieben. Mit einer Bedingung: Bis zur Übergabe am folgenden Samstag bekommt er noch einen frischen TÜV. Kein Problem, hieß es da noch.

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Am Freitag mittag, ich war praktischerweise gerade auf der CeBIT in Hannover, war es dann plötzlich doch ein Problem: Ein Kollege des Verkäufers hielt das Lenkspiel für zu hoch, TÜV nicht mehr sicher. Sein Vorschlag: 500 Nachlass für das Risiko, TÜV bleibt bei zwei Restmonaten. Da war ich plötzlich nicht mehr so sicher. Ein neues Lenkgetriebe könnte eine vierstellige Rechnung bedeuten, und ich müsste mich um den TÜV kümmern. Aber ich saß schon drin, und der gute Eindruck hatte sich festgesetzt. Also: Machen.

Der Rest war Formsache, an einem verregneten Samstag um 14:21 saß ich in meinem eigenen Auto und fuhr nach Hause. Fasziniert befühlte ich das Armaturenbrett (nur zwei Risse!), die sich langsam lösenden Zierleisten, wippte auf dem durchgesessenen Sessel hin und her. Mein neues Auto war ein Jahr älter als ich selbst, ob wir miteinander klar kommen würden, musste sich erst noch zeigen. Zwischen Glückstreffer und Blender war noch alles drin.

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Mehr beim nächsten Mal. Cliffhanger!

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Reblog: Big Turbo, Mad Style

WordPress lässt mich das leider nicht einbinden, daher folgt einfach dem unten stehenden Link. Und wenn Ihr schon einmal da seid, schaut Euch mal ein wenig um auf Speedhunters.com.

Big Turbo, Mad Style

Wie der Name sagt, geht es hier vor allem um Custom Cars, aber wie bei petrolicious.com geht es hier vor allem auch um die Geschichten und Menschen, die hinter den unterschiedlichsten Builds stehen. Dazu gibt es eine rührende Faszination für Technik und wunderbare Bilder, die von der Tuning-Szene ein komplett anderes Bild zeigen, als man es hierzulande vom Wörthersee kennt.

http://www.speedhunters.com/2015/03/big-turbo-mad-style-the-cool-bus/

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Vom Helpling und anderen Helferlein

Vor nicht allzu langer Zeit stieß ich auf einen großartigen Artikel mit dem Titel „Unsere Faulheit kotzt mich an“, den wie ich meine jeder lesen sollte. Das Argument: Die Weiterentwicklung der kapitalistisch sinnvollen Idee der Spezialisierung führt, kombiniert mit technischen Möglichkeiten, zu einer Art „Alltagsidioten“. Überspitzt formuliert können wir am Ende nichts mehr selbst, delegieren alles was nicht unser „Kerngeschäft“, sprich unser Beruf ist. Viele Apps und Dienstleistungs-Startups sind Symptom dieser Entwicklung und befördern sie gleichzeitig: Wir lassen unsere Wohnung putzen, lassen uns Essen bringen, den Hund ausführen, unsere Kinder erziehen, die Wohnung einrichten und am Ende erledigt sogar das Kleidung kaufen ein so genannter „Personal Shopping Service“.

Letztlich ist das die Ökonomisierung unseres Alltags, der Einzug kapitalistischer Prinzipien in den bisher eher abgeschotteten Markt der Organisation des Privatlebens. Das sollten wir im Hinterkopf behalten – vor allem, wenn wie bei Rocket Internet immer mehr dieser Services in einem Unternehmen verbunden sind. Wie bei dem Taxischreck Uber ist der wichtigste Mehrwert des Unternehmens am Ende nicht das Produkt, das beim Kunden ankommt, sondern die gewonnenen Daten – das vielzitierte Öl des 21. Jahrhunderts. Uber befördert Menschen nicht um damit Geld zu verdienen, sondern um aus den so gesammelten Daten soziale Profile ganzer Staaten zu erstellen – ein gutes Beispiel ist der inzwischen nicht mehr zugängliche Blogeintrag „Rides of Glory“.

Man bekommt den Eindruck, die wenigsten sind sich darüber bewusst, dass wir mit jeder wirtschaftlichen Handlung Informationen über uns preisgeben. Oder meint Ihr, payback-Punkte gibt es umsonst? Nein, der Preis sind die Daten über mein Kaufverhalten. Kombinieren wir einmal rein hypothetisch alle Informationen, die die oben genannten Services über uns sammeln könnten – was wir essen (wann wir essen!), was wir tragen, was in unserer Wohnung steht, ob wir Kinder oder einen Hund haben – möchte ich eigentlich nicht, dass jemand auf diese Daten zugreifen kann. Ich will jetzt nicht den 1984-Zaunpfahl rausholen, aber wir sollten uns überlegen, ob wir wirklich die Organisation – und damit die Herrschaft – der grundlegendsten Dinge unserer Alltags abgeben möchten. Oder bin ich jetzt paranoid?

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Minimale Änderungen

Wie komme ich durch diesen Beitrag ohne den unvermeidlichen Satz „Der Mini ist erwachsen geworden“? Das wird schwierig, denn bei der neuen Generation des Kleinwagens, der unter dem Regime von BMW ja eigentlich nie ein „Mini“ im Sinne von „Mini-Auto“ war, hat sich einiges in Sachen Reife getan. Das fängt bei den Platzverhältnissen an und hört bei dem Ende des asymmetrischen Türkonzeptes auf – richtig, den Neuen gibt es jetzt mit fünf Türen. Schon die Kombination der Begriffe „Mini“ und „fünftürig“ in einem Satz klingt irgendwie verkehrt. Aber es ist noch nicht einmal das.

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Überspringen wir die ganzen technischen Daten, überspringen wir sogar das Äußere, dass sich noch weiter als der Vorgänger vom kantigen Design des Urahnen entfernt hat. Reden wir davon, wie er sich anfühlt. Schon beim Einsteigen wird klar, was der Kleine will: Ein richtiges (deutsches?) Auto sein. Wo es beim Vorgänger noch klapperte oder sich billiges Plastik entblößte, wirkt nun alles deutlich hochwertiger. Und vor allem sind die meisten schrulligen Eigenheiten verschwunden: die Hand fällt nun wie von allein auf die elektrischen Fensterheber im Türgriff, anstatt irgendwo unter der Mittelkonsole danach zu suchen. Das große mittige Tacho hat sich bescheiden hinters Lenkrad verkrümelt, an seiner Stelle prangt jetzt ein großes Navi-Display. Weniger Spielerei, alles ist eher so, wie man es erwartet und aus anderen Autos kennt… aber Moment, ist das eigentlich gut so?

Das ist der Elefant, der im Raum steht und versucht möglichst unauffällig auszusehen. Tatsächlich vergisst man während der Fahrt, dass man in einem Mini sitzt, ja man vergisst sogar, dass man in einem Kleinwagen sitzt, so souverän bewegt sich der Neue über die Straße. Kein Poltern, die Federung ist straff aber unauffällig, auf der Autobahn geht es schnell Richtung 200, ohne dass einem Angst und Bange wird. Dazu kommt eine Ausstattungsliste, die es mit jedem Mittelklassedienstwagen locker aufnehmen kann. Keyless Go, Tempomat mit Radar, the lot. Ist jetzt der Charakter auf der Strecke geblieben?

Ich muss zugeben, dass ich kein großer Fan des ersten neuen Minis war. Beim Blick auf die Ampel war immer das Dach im Weg, die Sitze waren mäßig, und ja, das riesige mittige Tacho, umrahmt von verchromten Plastik, hat mir nie gefallen. Wenn das alles wegfällt, muss sich der Mini natürlich fragen, ob er nicht einfach nur noch ein schicker Polo ist – wie der Audi A1. Zum Glück hat er sich aber eine wichtige Tugend bewahrt: den Fahrspaß. Wie sein Vorgänger lässt sich der Mini viel zu leicht für sein Gewicht um Kurven zwirbeln, die Lenkung macht Spaß und müde motorisiert ist er natürlich auch nicht. Dazu geben die Sitze jetzt ordentlich Halt und die Schaltung hat ihre Lethargie abgelegt. Ohne die pubertären Auswüchse ist der Mini jetzt ein richtig erwachsenes ausgereiftes Auto, mit dem man sich tatsächlich vorstellen kann jeden Tag zu leben. Auch wenn man die Ampel immer noch nicht sehen kann.

Bild: (C) BMW Group

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Lost in Transition.

2014-07-25 19.39.05

Seit einiger Zeit erfreuen sich Fernbusse wachsender Beliebtheit. MeinFernBus, Flixbus, BerlinlinienBus und jetzt auch noch der ADAC Postbus – Fernbusse sind das Ding. Sie graben mit den günstigen Preisen nicht nur der Bahn, sondern sogar Mitfahrgelegenheiten das Wasser ab. Denn die Preise sind auf vergleichbarem Niveau, und auch die Spontaneität muss nicht leiden: Selbst wer die Karte erst kurz vor Abfahrt direkt beim Busfahrer löst, ist nicht auf einen Schlag bettelarm.

Diese plötzlichen Massen an Passagieren bevölkern nicht nur die ehemals ausgestorbenen Busbahnhöfe deutscher Großstädte, sie beleben plötzlich die so ziemlichst trostlosesten Orte der Republik: die Raststätten. Dabei hatten diese sich schon darauf eingestellt, dass hier eigentlich nur noch Rentner Cordon Bleu essen und die Jugend aus der Umgebung abends im Autobahn-McDoof einschneit.

Plötzlich aber ergießen sich mehrere Hundertschaften Buspassagiere auf den Autohof Waltershausen, und der Imbissbesitzern . Dabei wirken die meisten Kunden hier ziemlich deplatziert. Ob Hipstermädchen auf Berlin-Ausflug, spanische Touristen, japansiche Studenten oder Junggesellenabschiede, sie alle sind vor allem eins: unterwegs zwischen Metropolen, und hier auf dem Thüringer Acker temporär gestrandet, bis der Busfahrer seine Pflichtpause beendet hat.

Sie vertreiben sich die Zeit mit wichtigen Telefonaten („keine Ahnung wo wir sind, aber dauert noch“), wagen ein paar wenige Schritte in die umgebenden Getreidefelder, Mädchen blockieren für die nächsten Stunden die einzige Toilette und bekommen von Ihren Freunden Proviant vom McCafé mitgebracht. Und alle scharren nervös mit den Hufen, wann es endlich weiter geht.

Es ist ein großartiges Schauspiel, wenn die beiden Metallschrotthändler, die hier wohl jeden Abend sind, plötzlich von 100 Hornbrillen umringt sind, die 10 Minuten lang die Karte studieren auf der im Grunde genau drei Dinge stehen: Bratwurst, Frikadelle, Schaschlik. Eigentlich wollen sie nichts davon, eigentlich wollen Ihren Jutebeutel mit jungen Bohnen und fairtrade-Zucchini füllen, aber hier gibt es nichtmal Kartoffelsalat.

Es wäre alles nicht so schlimm, wenn sich nicht zeitgleich sechs Busse diverser Unternehmen auf den winzigen parkplatz quetschen würden. Gewiss, es ist schön hier, grüne Felder, untergehende Sonne, warme Frikadelle und kühles Bier. Aber wenn der Busfahrer wiederkommt (der dafür, dass er die Horden hier ablädt, sicher das ein oder andere Schnitzelbrötchen spendiert bekommt), haben sich um die geschlossenen Türen bereits Menschentrauben gebildet.

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Hermann: Ein Nachruf

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Hermann ist von uns von mir gegangen. Ein Anruf letzten Dienstag: „Radträger hinten is völlich verzogen, durchjerostet isser och, da könnwa nüscht machen. Ick würds der BSR überjeben“. Schnüff.

Die Wahrheit ist: Hermann hatte es nicht leicht mit mir. In einer Stadt, die als einziges öffentliches Verkehrsmittel gemütlich tuckernde Busse besitzt, wurde er vor fünf Jahren angeschafft, um auf eben jene Busse nicht mehr angewiesen zu sein. Ich bin kein ausgemachter Fahrradfan, es war eher eine zweckmäßige Anschaffung – und so musste Hermann, der damals noch Fahrrad hieß, vor allem eines: funktionieren.

Entsprechend dürftig waren Pflege und Achtsamkeit. Ersetzt wurde nur, was wirklich nicht mehr zu gebrauchen war. Die Nabenschaltung erwies sich zwar als mechanisches Graus, aber in eine neue investieren? So wichtig war es dann auch nicht. An funktionierende Beleuchtung war schon ein halbes Jahr nach Kauf nicht mehr zu denken, und untergestellt wurde maximal im Winter – aber eigentlich auch da nicht. Bordsteine, irgendwie angehängtes Gepäck, Passagiere, alles wurde mitgenommen. Das Ergebnis ist nun, dass dieses Fahrrad eines der wenigen Dinge in meinem Besitz ist, das ich tatsächlich verbraucht habe. So, dass es nicht mehr zu gebrauchen ist.

Man trennt sich ja heute meist dann von Gegenständen, wenn Sie nicht mehr schön/zeitgemäß/interessant sind. Hermann war schon lange nicht mehr schön, oder zeitgemäß, oder verkehrssicher, was mich aber nicht gestört hat. Fahrrad, nicht weil ich gerne Fahrrad fahre, sondern weil die Straßenbahn nie pünktlich ist. Fahrrad, jetzt ein Haufen Schrott, weil es mir egal ist. Oder: war? Natürlich habe ich mir vorgenommen, mit dem Nachfolger (ist bereits besorgt) besser umzugehen. Damit es ihm nicht wie Hermann ergeht.

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It’s Alive: Petrolicious

Na, nichts zu tun in dieser Hänge-Zeit die wir so bescheuert „zwischen den Jahren“ nennen? Wie wäre es mit ein paar wunderschön anzusehenden Videos?

Zu behaupten, bei Petrolicious würde es nicht um Autos gehen, wäre nicht ganz richtig. Aber darum geht es nicht in erster Linie. Petrolicous schaut gleichzeitig auf Autos und ihre Besitzer, sucht Geschichten ohne sich in technischen Details zu verlieren. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Typischerweise wird nicht nach Pferdestärken gefragt, sondern wie man zueinander gefunden hat.

Das ist manchmal etwas rührselig, aber: Es sieht immer ziemlich klasse aus. Und es zeigt, dass auch in Zeiten, in denen die wichtigsten Neuerungen in neuen Automodellen Assistenzsysteme und Facebook-Vernetzung sind, die Leidenschaft für das Fahren immernoch existiert. Wer sich fragt, warum Autos mehr sind als Gebrauchsgegenstände, der sollte sich hier einmal umsehen. Ich habe mal drei ausgewählt.

 

 

 

„Drive tastefully“

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